Stimmumfang über 7 Oktaven

Die Lauterzeugung findet bei Fledermäusen wie bei allen Säugetieren im Kehlkopf statt. In diesem befindet sich die Stimmritze bzw. die beiden Stimmbänder. Vor einem Laut werden sie verschlossen. Dadurch baut sich unterhalb des Kehlkopfes ein erhöhter Luftdruck auf. Werden die Stimmlippen nun ganz leicht zu einem schmalen Schlitz geöffnet, strömt Ausatemluft mit bis zu 100 m/s Geschwindigkeit durch die Stimmlippen. Dadurch werden sie in Schwingung versetzt – es entsteht ein Laut. Mit diesem System können Fledermäuse Laute im Umfang von drei bis vier Oktaven (eine Oktave entspricht jeweils einer Verdoppelung der Frequenz bzw. Lauthöhe) erzeugen, was etwa auch der menschlichen Leistung entspricht. So soll zum Beispiel Elvis rund 2.5 Oktaven abgedeckt haben, Fredy Mercury deren 4.

Fledermäuse produzieren aber Laute, die von 1 bis 120 kHz reichen können, bei einigen Arten sogar bis 250 kHz. Dazu gehören die für uns Menschen gut hörbaren und tieferen Soziallaute sowie die für uns meist unhörbar hohen Laute zur Orientierung im Raum und teilweise zum Beutefang (Echoorientierung). Der Bereich von 1-120 kHz entspricht einem Lautumfang von 7 Oktaven. Bereits im 20. Jahrhundert wurde vermutet, dass die so genannten Taschenbänder (auch als Taschenfalten, Vokalfalten oder falsche Stimmbänder bezeichnet) eine wichtige Rolle spielen bei der Lauterzeugung. Sie befinden sich oberhalb der Stimmbänder. Dänische Wissenschaftler*innen konnten nun erstmals bei Wasserfledermäusen in vitro zeigen, wie Fledermäuse auch mithilfe dieser Taschenbänder diesen riesigen Lautumfang zustande bringen.

Die Forschenden entnahmen dazu Wasserfledermäusen den Bereich rund um den Kehlkopf und stellten diese in einen Luftkanal. Was im Kehlkopf unter verschiedenen Bedingungen passiert, wurde mit einer High-Speed-Kamera, die bis zu 250'000 Bilder pro Sekunde aufnimmt, und einem Mikrofon festgehalten. Dabei stellte sich heraus, dass insbesondere für die tieferen Töne wie Soziallaute die Taschenbänder hauptverantwortlich sind, während die Stimmbänder die hohen Laute erzeugen. Dabei interagieren die verschiedenen Strukturen am Kehlkopf miteinander, wobei die Wechselwirkungen noch nicht restlos geklärt sind.

Spannend ist, dass wir Menschen diese Taschenbänder ebenfalls besitzen. Dank ihnen ist der sogenannte Kehlgesang möglich, der in mehreren asiatischen Völkern praktiziert wird – oder auch das Growling in Death Metal Musik. Mit viel Übung können mithilfe von Kehlkopfkontraktionen, Mundverformungen sowohl zusätzliche Ober- als auch Untertöne erzeugt und dadurch der Stimmumfang vergrössert werden. Immerhin scheinen wir Menschen also in der Lage zu sein, es in eingeschränktem Umfang unseren kleinen Kobolden der Nacht gleich zu tun.

 

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